Die Überschwemmungen im Sommer 2021 in Deutschland und der Schweiz – Sind dies Wetter- oder bereits Klimaphänomene? Die Antwort ist ziemlich eindeutig.
Die massiven Unwetter in Deutschland, der Schweiz und anderen Teilen Europas haben zumindest für einige Tage im Juli 2021 den Corona-Virus von den vordersten Seiten der Tageszeitungen verdrängt. In diesen Tagen hat das schreckliche Wetter in den Landbereichen, die in Deutschland besonders betroffen waren, erschreckenderweise für weit mehr Tote gesorgt als die Corona-Infektion. Tatsächlich hat die Menge des Regens in den westlichen deutschen Bundesländern bekannte Dimensionen gesprengt. Obwohl dieser Extremregen nicht der erste seiner Art war, ist er nun neben der gestiegenen Intensität auch wesentlich häufiger unterwegs. Dies entspricht eindeutig den Vorhersagen der Klimaforschung, wie unser Verhalten innerhalb der weltweiten Ökonomie die der Natur entsprechenden ökologischen Umständen erzeugt. Die immer weitere Zunahme des CO2-Gehalts in der Luft (sowie anderer klimarelevanter Gase) führt tatsächlich, wie von den Klimaexpertinnen und -experten schon lange vorhergesagt, zu extremen Wettereffekten, die immer häufiger werden: Superstarke Regenfälle werden immer heftiger, Hitzewellen immer heisser, Dürren immer extremer, usw. Die Zunahme von extremen Regenfällen ist also nur eine von zahlreichen Klimavorhersagen, die unterdessen ebenfalls klar und deutlich messbar sind. Sie umfassen globale Erwärmung, einen Anstieg des Meeresspiegels, die Schmelze des Polareises, mehr Waldbränden, um nur einige davon zu nennen, die uns ebenfalls bereits ein Weile Alltag bekannt sind. Was wir nun fast jedes Jahr immer extremer erleben, zeigt also, dass es sich bei der Klimaforschung nicht um extremistisches Denken handelt, wie nicht nur von den wahren Extremisten behauptet wird, sondern zuweilen auch von etablierten Politikern, sondern um sehr ernstzunehmende Wissenschaft.
Schon die ältesten Klimamodelle haben mit steigenden Temperaturen eine Verstärkung des Regens und damit intensivere Hochwasserphänomene vorhergesagt. Tatsächlich ist das, was wir in Teilen Mitteleuropa erlebt haben, das Ergebnis eines alten und den Wetterforschern längst-bekannten grundlegenden physikalischen Gesetzes, das sich in der Clausius-Clapeyron-Gleichung (von 1834!) ausdrückt. Sie ist längst Teil aller Klimamodelle. So schrieb dann auch der bekannte Zürcher Klimaforscher Reto Knutti während des heftigen Regens mit deftigen Worten auf Twitter: „Bis es auch der Hinterletzte verstanden hat: 1) Starkniederschläge nehmen mit dem Klimawandel zu. 2) Die Variabilität nimmt auch zu, selbst bei Tendenz zu trockenen Sommern sind Situationen wie jetzt zu erwarten. 4) Hitzewellen nehmen zu. 3) Der Klimawandel kostet.“
Natürlich ist ein einzelner Effekt noch kein Indiz für den Klimawandel, aber die Menge solcher Effekte offenbart ihn unterdessen immer deutlicher. Das sieht man parallel zum andauernden Regen in Europa an den nahezu zeitgleich ablaufenden und noch viel gefährlicheren extremen Hitzewellen von Kalifornien bis British Columbia in Westkanada. Auch dies sind längst bekannte und vorhergesagte Effekte, die sich von Jahr zu Jahr immer stärker offenbaren. Wer also aus dem heftigen Sommerregen eine generelle kritische Argumentation gegen die Warnung vor dem Klimawandels entwirft, schliesslich regnete es ja und es war relativ kühl in Deutschland und der Schweiz im Juli 2021, offenbart sich zunehmend als ignorant. Leider ist ein solches Denken noch weit verbreitet.
Dazu kommen neben den direkt sichtbaren Konsequenzen von Wettereffekten aus dem veränderten Klima noch ganz andere Effekte, die zumeist weniger beachtet werden, wie zum Beispiel eine massive Beschränkung von Trinkwasser, wie man dies in Deutschland nach all dem extremen Regen erlebt hat. Sehr gravierend ist klimatisch auch eine Veränderung des Jetstreams, des schwankenden Windbands um die obere Nordhalbkugel in der Atmosphäre in ca. 10km Höhe. Dies führt zu einer Steigerung der Dauer von anhaltenden Wetterlagen, ganz genau wie in Europa im Juli 2021, aber auch wie die ganz anderen andauernden Extremwetterlagen, mit dem die Menschen in Nord- und Zentralamerika zur gleichen Zeit konfrontiert waren. So herrschten an der US-Westküste und Westkanada anhaltende Hitzewellen mit neuen Rekord-Temperaturen, ganz wie in Nord- und Südeuropa mit Hitzerekorden ebenfalls in Finnland bzw. Lappland, wie auch in Spanien. Und in der Arktis ergab sich eine noch nie da gewesene Eisschmelze. Wir erleben also 2021 die Fortsetzung und Verschlimmerung von Extremwetterlagen auf globaler Ebene, die sich bereits seit einigen Jahren entwickeln. So betreffen sie nun halt nicht mehr nur Eisbären und Korallen, sondern auch unsere, die menschlichen Lebensgrundlagen.
Die Politiker müssen sich nun also zwei sehr wichtigen und gewaltigen Klimaaufgaben stellen:
- Dem Kampf gegen den Klimawandel selbst, insbesondere durch Beschränkung der Emission von klimarelevanten Gasen in die Atmosphäre. Endlich haben sie nun, wenn auch sehr langsam und sehr spät begonnen, die Gefahren des Klimawandels ernst zu nehmen. In Deutschland haben hier jedoch die CDU-geführten Regierungen die letzten 16 Jahre nahezu komplett verschlafen, nachdem die rot-grüne davor bereits wichtige und damals weltweit einzigartige Klimaschutzstandards aufgestellt hatte. Auch die Bundestagswahlen im Herbst 2021 scheint die CDU kaum auf Klima-Fragen ausrichten zu wollen.
- Die Erfahrungen der letzten Jahre weisen aber noch auf eine zweite grosse Aufgabe hin: Nach 30 verschlafenen Jahren lässt sich der Klimawandel wohl nicht mehr abwenden, so dass man sich neuen Gegebenheiten des Wetters anpassen muss. Jedoch kann man immer noch die sich ohne Anpassungen noch weit extremeren Auswirkungen beschränken. Dazu brauchen wir neben neuen Häuserstrukturen (regenrobuster) eine bessere Verkehrsinfrastruktur (robustere Strassen), tiefere Kanalisationen (Regen besser speichernd) und einiges mehr, um uns an die sich in den nächsten Jahren und Jahrzehnten wohl noch verstärkenden Extremwetterlagen anzupassen. Andernfalls werden wir den Klima-Folgen weiterhin hilflos und dann mit noch viel schlimmeren Ausmassen ausgeliefert sein. Aber auch dies wird bisher von Politikern kaum ernst genommen. Dass solche Anpassungen möglich sind, sieht man beispielsweise in der Schweiz. Im Kanton Tessin hat es Mitte Juli 2021 noch weit mehr geregnet als in NRW und Rheinland-Pfalz. Eine entsprechende Konsequenz hat sich hier aber nicht ergeben. Dabei haben natürlich auch die Hanglangen ein wenig geholfen, aber hier ist man halt intensiveren Regen gewohnt und hat die Infrastruktur und die Häuser entsprechend konstruiert.
Wer jetzt noch den Klimawandel bestreitet und die notwenigen Massnahmen dagegen als unwichtig deklariert, argumentiert vollständig unseriös (so hat beispielsweise in der Schweiz die immer rechtsextremer werdende Neue Zürcher Zeitung gegen die Schlussfolgerung, dass dies was mit Klimawandel zu tun hat, gewettert). Es ist zunehmend klar: Wir müssen einen effektiven Umweltschutz einsetzen, um den Klimawandel zu dämpfen. Dies kostet ggfs. viel Geld, aber die Unterlassung einer solchen Aktion wird noch viel, viel teurer, wie uns dies die der Natur zunehmend illustriert. Unterdessen erfassen dies sogar – wenn auch sehr spät – die Kapitalanleger: Auf dem Anlagemarkt spielt das Thema „ESG“ (Environment Social Governance) eine sehr schnell zunehmende und immer bedeutendere Rolle. So langsam (und wohl auch 20 Jahre zu spät) scheint das Klimaproblem also auch die – eher konservativen – Kapitalmarktexperten zu interessieren und gar in Unruhe zu setzen. Daraus lässt sich Hoffnung schöpfen, dass die notwendigen Massnahmen nun endlich, wenn auch langsam, umgesetzt werden, und dies voraussichtlich mit optimaler Kapitaleffizienz. Damit könnte uns auch gezeigt werden, dass der relative finanzielle Aufwand bei weitem nicht so hoch ist, wie viele Klimaskeptiker heute noch vehement behaupten. Man kann nur hoffen, dass uns die Zeit dafür ausreicht.
Im Oktober 2021 wird das neue Buch von Lars Jaeger erscheinen zum Thema Klima: Wege aus der Klimakatastrophe – Wie eine nachhaltige Energie- und Klimapolitik gelingt. Hier die Vorankündigung: https://www.springer.com/de/book/9783662635490
2 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort
Hallo Ihr Klimaforscher,
wie wärs mal mit Fakten und Fotos im allgemeinen, modisch kleidsamen Klimageschwurbel:
http://www.klimanotizen.de/html/newsletter_7.html
http://real-planet.eu/hochwasser.htm
Aufwachen, selber gucken, nicht bloß nachplappern.
Gruß Herbie
Starkniederschläge entstehen, wenn warme Luftmassen, die zuvor sehr grossen Mengen an Wasser aufgenommen haben, auf kalte Luftmassen stossen.
Im Jahre 2021 sind die Temperaturen von Januar bis September im Vergleich zu den Vorjahren relativ niedrig ausgefallen:
https://www.ncdc.noaa.gov/sotc/global/202109#ytd-temp
Genau das haben die Klimamodelle nicht vorhergesagt.
Sollten die globalen Temperaturen weiter sinken, dürfte es in der Tat weitere Starkregenfälle geben.
Sollte es dann weiterhin kühler werden, drohen Dürren. Denn schliesslich verdunstet dann weniger Wasser über den Meeren, was anschliessend zu geringeren Regenfällen führen dürfte.